LAG Thüringen - Urteil vom 17.01.2017
1 Sa 212/16
Normen:
BGB § 626 Abs. 1; GewO § 106;
Vorinstanzen:
ArbG Gera, vom 27.04.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 7 Ca 238/15

Unwirksame außerordentliche Kündigung einer Näherin für medizinische Produkte wegen verweigerter Unterschrift unter die Tatsachfeststellung der Qualitätsbeauftragten

LAG Thüringen, Urteil vom 17.01.2017 - Aktenzeichen 1 Sa 212/16

DRsp Nr. 2018/343

Unwirksame außerordentliche Kündigung einer Näherin für medizinische Produkte wegen verweigerter Unterschrift unter die Tatsachfeststellung der Qualitätsbeauftragten

1. Eine beharrliche Arbeitsverweigerung kann einen Grund zur Lösung des Arbeitsverhältnisses hergeben. Bei der Nichtbefolgung einzelner Aspekte der Arbeitsverrichtung, wie sie aus einer konkreten und unter Umständen wiederholten Ausübung des Direktionsrecht zu entspringen vermag, setzt ein wichtiger Grund eine erkennbar bewusste und nachhaltige Weigerung voraus. 2. Die kündigungsrechtlichen Konsequenzen der Nichtbefolgung einer Weisung der Arbeitgeberin hängt davon ab, ob die Weisung wirksam ist oder nicht. Eine arbeitsvertragswidrige Weigerung liegt nur dann vor, wenn die Arbeitnehmerin verpflichtet ist, die ihr zugewiesene Handlung vorzunehmen. 3. § 106 GewO bindet die Ausübung des Direktionsrechts (wie § 315 Abs. 3 BGB) an billiges Ermessen. Damit muss die Anordnung den beiderseitigen Interessen Genüge tun. 4. Eine Qualitätssicherung, die eine an Fehlproduktionen beteiligte Beschäftigte zwingt, die Tatsachenfeststellung der Qualitätsbeauftragten mit ihrer Unterschrift bestätigend „abzusegnen“, steht im Widerspruch zu dem fundamentalen Interesse der Arbeitnehmerin, sich hinsichtlich der Ursachenfeststellung ein eigenes Urteil zu bilden.