BVerfG - Urteil vom 11.06.1958
1 BvR 596/56
Normen:
ApothekenG (Gesetz über das Apothekenwesen vom 16. Juni 1952) Bayern Art. 1 Abs. 2 Art. 2 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 ; GG Art. 12 Abs. 1 Art. 19 Abs. 2 ;
Fundstellen:
BVerfGE 7, 377
AP Nr. 13 zu Art. 12 GG
BayVBl 1958, 243
BB 1958, 603
BB 1958, 641
DÖV 1958, 538
DVBl 1958, 500
JuS 1963, 463
JZ 1958, 472
MDR 1958, 573
NJW 1958, 1037

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Gewerbefreiheit - Apothekerurteil

BVerfG, Urteil vom 11.06.1958 - Aktenzeichen 1 BvR 596/56

DRsp Nr. 1996/7354

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Gewerbefreiheit - Apothekerurteil

»1. In Art. 12 Abs. 1 GG wird nicht die Gewerbefreiheit als objektives Prinzip der Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung proklamiert, sondern dem Einzelnen das Grundrecht gewährleistet, jede erlaubt Tätigkeit als Beruf zu ergreifen, auch wenn sie nicht einem traditionell oder rechtlich fixierten "Berufsbild" entspricht.2. Der Begriff "Beruf" in Art. 12 Abs. 1 GG umfaßt grundsätzlich auch Berufe, die Tätigkeiten zum Inhalt haben, welche dem Staate vorbehalten sind, sowie "staatlich gebundene" Berufe. Doch gibt und ermöglicht für Berufe, die "öffentlicher Dienst" sind, Art. 33 GG in weitem Umfang Sonderregelungen.3. Wenn eine Tätigkeit in selbständiger und in unselbständiger Form ausgeübt werden kann und beide Formen der Ausübung eigenes soziales Gewicht haben, so ist auch die Wahl der einen oder anderen Form der Berufstätigkeit und der Übergang von der einen zur anderen eine Berufswahl im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG.4. Inhalt und Umfang der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG lassen sich schon durch eine Auslegung, die dem Sinn des Grundrechts und seiner Bedeutung im sozialen Leben Rechnung trägt, weitgehend sachgemäß bestimmen; es bedarf dann nicht des Rückgriffs auf die Schranke des Wesensgehalts (Art. 19 Abs. 2 GG).