OLG Stuttgart - Urteil vom 02.10.2019
4 U 120/19
Normen:
BGB § 823 Abs. 1; BGB § 1004 Abs. 1 S. 1; GG Art. 1 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 5 Abs. 1; StGB § 186; StGB § 193;
Vorinstanzen:
LG Ellwangen, vom 15.03.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 3 O 247/18

Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Wiedergabe von Gerüchten

OLG Stuttgart, Urteil vom 02.10.2019 - Aktenzeichen 4 U 120/19

DRsp Nr. 2020/11770

Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Wiedergabe von Gerüchten

1. Wird ein Gerücht wiedergegeben, so behauptet derjenige, der das Gerücht veröffentlicht, nicht nur die Tatsache, dass dieses Gerücht existiert, sondern teilt gleichzeitig - gleichsam in verdeckter Gestalt - den Gegenstand des Gerüchts als Verdachtsäußerung mit, der durch die Kennzeichnung als Gerücht seinen Charakter als Tatsachenbehauptung nicht verliert, sondern durch seine Mitteilung mindestens i.S. von § 186 StGB verbreitet wird. 2. Die Anforderungen an die Zulässigkeit der Mitteilung eines "Gerüchts" sind nicht geringer als diejenigen an eine zulässige Verdachtsberichterstattung; die Schutzbedürftigkeit des Betroffenen ist in beiden Fällen gleich. 3. Gemäß der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB trifft die Beweislast für die Wahrheit von Tatsachenbehauptungen i.S. von § 168 StGB den auf Unterlassung in Anspruch Genommenen als Äußernden. 4. Wird der Wahrheitsbeweis nicht angetreten, so kommt eine Rechtfertigung nur nach Art. 5 GG i.V. mit § 193 StGB durch Wahrnehmung berechtigter Interessen in Betracht. Dies wiederum setzt die Einhaltung der Anforderungen an eine zulässige Verdachtsberichterstattung voraus.