BVerfG - Beschluß vom 26.01.1995
1 BvR 2071/94
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1 Art. 5 Abs. 1 S. 1 Art. 9 Abs. 3 S. 1 ; SGG § 73 Abs. 6 S. 3 ;
Fundstellen:
AfP 1996, 207
AP Nr. 13 zu Art. 5 Abs 1 GG Meinungsfreiheit
AP Nr. 77 zu Art. 9 GG
EzA Art. 9 GG Nr. 56
NJW 1995, 3377
NVwZ 1996, 160
SGb 1995, 205
SozR 3-1500 § 73 Nr. 3
SozSich 1995, 191
SozVers 1995, 195
Vorinstanzen:
SG Gelsenkirchen, vom 29.04.1994 - Vorinstanzaktenzeichen S 6 (18, 6) Kn 17/93
LSG Nordrhein-Westfalen, vom 30.09.1994 - Vorinstanzaktenzeichen 2 S 17/94

Verletzung von Meinungs- und Koalitionsfreiheit durch Zurückweisung von Verbandsangehörigen als Prozeßbevollmächtigte

BVerfG, Beschluß vom 26.01.1995 - Aktenzeichen 1 BvR 2071/94

DRsp Nr. 1995/3318

Verletzung von Meinungs- und Koalitionsfreiheit durch Zurückweisung von Verbandsangehörigen als Prozeßbevollmächtigte

1. Berührt eine fachgerichtliche Entscheidung die Koalitionsfreiheit und die Meinungsfreiheit, so haben die Gerichte der Bedeutung dieser Grundrechte bei der Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Vorschriften Rechnung zu tragen.2. Zwar wird die Koalitionsfreiheit nicht bereits verletzt, wenn nur Mitgliedern solcher Verbände die durch diese Norm begründete Vertretungsbefugnis zugebilligt wird, die ausschließlich oder überwiegend eine sozial- oder berufspolitische Zielsetzung im Sinne von § 73 Abs. 6 Satz 3 SGG verfolgen; doch setzt eine Anwendung der Norm in dieser Auslegung jedenfalls voraus, daß sämtliche Betätigungen daraufhin untersucht werden, ob sie gleichzeitig dem in Art. 9 Abs. 3 GG genannten Koalitionszweck der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen. Nur soweit das in großem Umfang nicht der Fall ist, können daraus Schlüsse für eine koalitionsfremde Zielorientierung des Verbandes gezogen werden, die zugleich eine überwiegende sozial- oder berufspolitische Zielsetzung ausschließt.

Normenkette:

GG Art. 3 Abs. 1 Art. 5 Abs. 1 S. 1 Art. 9 Abs. 3 S. 1 ; SGG § 73 Abs. 6 S. 3 ;

Gründe: