BVerfG - Beschluß vom 05.03.1990
1 BvR 232/89
Normen:
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 ; BVerfGG § 90 Abs. 2 § 93b Abs. 2 Satz 1 ; GG Art. 2 Abs. 1 Art. 19 Abs. 4 Art. 20 Abs. 3 ;
Fundstellen:
BB 1990, 859
DRsp VI(646)139a-c
EWiR 1990, 475
EzA § 72 ArbGG 1979 Nr. 10
NJW 1991, 417
NZA 1990, 579
ZIP 1990, 539
Vorinstanzen:
I. LAG Köln - Urteil vom 07.09.1988 - 7/3/9 Sa 362/88,
II. BAG - Beschluß vom 09.01.1989 - 3 AZN 618/88 - DB 1989, 936 - DRsp-ROM Nr. 2001/14929 -,

Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ohne Rechtswegerschöpfung - Verletzung des Rechtsstaatsprinzips durch benachteiligende Verfahrensgestaltung: Revisionszulassung

BVerfG, Beschluß vom 05.03.1990 - Aktenzeichen 1 BvR 232/89

DRsp Nr. 1992/73

Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ohne Rechtswegerschöpfung - Verletzung des Rechtsstaatsprinzips durch benachteiligende Verfahrensgestaltung: Revisionszulassung

1. Die Erschöpfung des Rechtswegs kann dann ausnahmsweise nicht verlangt werden, wenn ein an sich möglicher Rechtsbehelf im Hinblick auf eine entgegenstehende ständige und neuere Rechtsprechung der Fachgerichte von vornherein als aussichtslos erscheinen muß.2. Gerichte dürfen den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren; der Anspruch auf berechenbaren Zugang zu den Gerichten darf nicht unzumutbar eingeschränkt werden.3. Zu den aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitenden Pflichten der Verfahrensgestaltung gehört das Gebot der Fairneß. Es verpflichtet die Gerichte zur Rücksichtnahme auf die Beteiligten. Diese müssen, wo sie Handlungsfreiräume haben, solche im Sinne einer Wirksamkeit des Rechtsschutzes und der Erleichterung des Zugangs zu den verfahrensrechtlich vorgesehenen Rechtsmitteln ausüben, was insbesondere dann gilt, wenn andernfalls ein an sich gegebenes Rechtsmittel durch die Verfahrensgestaltung praktisch entwertet werden würde.