BAG - Urteil vom 28.09.1972
2 AZR 469/71
Normen:
BGB §§ 134, 138, 242 ; GG Art. 3 Abs. 3, Art. 5 Abs. 1 ; KSchG § 1 Abs. 1, § 13 Abs. 3 ; ZPO § 561 Abs. 2 ;
Vorinstanzen:
I. LAG Bayern - Urteil vom 10. September 1971 - 2 Sa 688/71 , vom - Vorinstanzaktenzeichen

BAG - Urteil vom 28.09.1972 (2 AZR 469/71) - DRsp Nr. 1997/7605

BAG, Urteil vom 28.09.1972 - Aktenzeichen 2 AZR 469/71

DRsp Nr. 1997/7605

»1. Eine fristgemäße Kündigung, die vom Arbeitgeber vor Ablauf der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen wird, kann gemäß § 134 BGB (Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot), § 138 BGB (Sittenwidrigkeit) und unter Umständen gemäß § 242 BGB (Verstoß gegen Treu und Glauben) rechtsunwirksam sein. 2. Das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG ist ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Unter das Verbot fällt auch die Benachteiligung des Arbeitnehmers wegen seiner politischen Anschauung, die in der Mitgliedschaft bei einer politischen Partei ihren Ausdruck findet. Gegen das Verbot der Benachteiligung wegen der Zugehörigkeit zu einer politischen Partei verstößt eine Kündigung nur dann, wenn sie gerade wegen und nur wegen dieses Grundes erklärt wird. 3. Ob Art. 5 Abs. 1 GG über das Grundrecht der freien Meinungsäußerung als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB zu verstehen ist, bleibt unentschieden. Dieses Grundrecht findet gemäß Art. 5 Abs. 2 GG im Bereich des Arbeitsrechts seine Schranken in den Grundregeln über das Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer darf bei Ausübung des Grundrechts nicht den Interessen des Arbeitgebers zuwiderhandeln oder diese beeinträchtigen. Eine solche Zuwiderhandlung ist gegeben, wenn durch die Meinungsäußerung das Arbeitsverhältnis konkret berührt wird.