OVG Sachsen - Beschluss vom 12.05.2010
1 A 120/10
Normen:
SächsBO § 64; SächsBO § 70; SächsBO § 72; BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 6; BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3; BImSchG § 22; BImSchG § 50; EnWG § 3 Nr. 15; VwGO § 86 Abs. 1 S. 1; VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2, 5;
Vorinstanzen:
VG Chemnitz, vom 04.12.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 3 K 40/09

Abwehranspruch gegen eine Biogasanlage aus Rücksichtnahmegebot bei Berufung auf unzumutbare Geruchsimmissionen und Schallimmissionen; Verletzung der Sachaufklärungspflicht bei Absehen von einer in der mündlichen Verhandlung beantragten Beweiserhebung

OVG Sachsen, Beschluss vom 12.05.2010 - Aktenzeichen 1 A 120/10

DRsp Nr. 2011/163

Abwehranspruch gegen eine Biogasanlage aus Rücksichtnahmegebot bei Berufung auf unzumutbare Geruchsimmissionen und Schallimmissionen; Verletzung der Sachaufklärungspflicht bei Absehen von einer in der mündlichen Verhandlung beantragten Beweiserhebung

1. Wird zu Unrecht ein Genehmigungsverfahren nach der SächsBO durchgeführt, verletzt dies den von dem Vorhaben betroffenen Nachbarn noch nicht in seinen Rechten. Nur wenn die erteilte Genehmigung auch dem Drittschutz dienenden materiellrechtlichen Regelungen widerspricht, erwächst dem Nachbarn hieraus ein Anspruch auf die Aufhebung des Bescheides.2. Rücksicht zu nehmen ist nur auf solche Interessen des Nachbarn, die wehrfähig, weil nach der gesetzgeberischen Wertung, die im materiellen Recht ihren Niederschlag gefunden hat, schützenswert sind. Werden in diesem Sinn schutzwürdige Interessen des Nachbarn nicht beeinträchtigt, greift das Rücksichtnahmegebot nicht; dabei kommt es nicht darauf an, ob die vom Nachbarn angefochtene Baugenehmigung - objektivrechtlich - rechtswidrig ist. Denn § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu.3. Das Gebot der Rücksichtnahme ist erst dann verletzt, wenn dem betroffenen Nachbarn die nachteiligen Einwirkungen des streitigen Vorhabens billigerweise nicht mehr zuzumuten sind.