OVG Sachsen-Anhalt - Beschluss vom 26.07.2021
2 M 52/21
Normen:
BauGB § 31 Abs. 2 Nr. 1;
Vorinstanzen:
VG Halle, vom 14.04.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 2 B 94/21

Befreiung eines Vorhabens aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit

OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.07.2021 - Aktenzeichen 2 M 52/21

DRsp Nr. 2021/14410

Befreiung eines Vorhabens aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit

1. Bei einem faktischen Baugebiet bestimmt die Zweckbestimmung, wie sie sich aus den jeweils ersten Absätzen der Baugebietsvorschriften ergibt, die Grundzüge der Planung im Sinne des § 31 Abs. 2 BauGB. Diese Zweckbestimmung darf nicht berührt werden. Sie ist berührt, wenn die Befreiung den Gebietscharakter beeinflussen oder zu einem Wechsel des Baugebietscharakters führen würde (vgl. Beschluss des Senats vom 13. Juli 2021 - 2 M 57/21 - juris Rn. 24).2. Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern eine Befreiung im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, wenn es vernünftigerweise geboten ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen (vgl. Beschluss des Senats vom 13. Juli 2021 - 2 M 57/21 - juris Rn. 38).3. Es bleibt offen, ob das (ungeschriebene) Merkmal der "Atypik" nach der Änderung des BauGB durch das am 1. Januar 1998 in Kraft getretene Bau- und Raumordnungsgesetz - BauROG - (BGBl 1997 I, 2081) weiterhin Voraussetzung für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB ist. Ein atypischer Fall kann dann vorliegen, wenn er in bodenrechtlicher Beziehung Besonderheiten aufweist, die ihn im Verhältnis zur vorhandenen Bebauung bzw. Nutzung als Sonderfall erscheinen lassen.