BVerwG - Beschluss vom 21.11.2022
1 B 37.22
Normen:
GG Art. 103 Abs. 1; VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 3; VwGO § 138 Nr. 3;
Vorinstanzen:
OVG Rheinland-Pfalz, vom 15.12.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 13 A 11559/20

Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs; Darlegung eines verfahrensrechtlich erheblichernVerstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz

BVerwG, Beschluss vom 21.11.2022 - Aktenzeichen 1 B 37.22

DRsp Nr. 2023/2910

Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs; Darlegung eines verfahrensrechtlich erheblichernVerstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz

1. Aus dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs folgt auch in der Ausprägung, den er in § 86 Abs. 3 VwGO gefunden hat, keine Pflicht des Gerichts zu umfassender Erörterung sämtlicher entscheidungserheblicher Gesichtspunkte. Das Tatsachengericht ist insbesondere nicht verpflichtet, die Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen und offenzulegen, wie es seine Entscheidung im Einzelnen zu begründen beabsichtigt. Denn die tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung oder Urteilsfindung. Ein unzulässiges "Überraschungsurteil" liegt nur dann vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit welcher insbesondere der unterlegene Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die das angefochtene Urteil tragende Erwägung weder im gerichtlichen Verfahren noch im Verwaltungsverfahren erkennbar thematisiert worden war.