BVerfG - Beschluss vom 15.05.2019
2 BvR 2425/18
Normen:
ZPO § 765a; GG Art. 2 Abs. 2 S. 1; GG Art. 103 Abs. 1;
Fundstellen:
AnwBl 2019, 424
DÖV 2019, 705
FamRB 2019, 249
FamRZ 2019, 1179
MietRB 2019, 193
NJW 2019, 2012
NZM 2019, 485
WM 2019, 1172
ZVI 2021, 9
Vorinstanzen:
LG Dessau-Roßlau, vom 27.09.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 1 T 83/18
AG Bitterfeld-Wolfen, vom 12.03.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 9 K 68/15
AG Bitterfeld-Wolfen, vom 12.03.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 9 K 68/15

Verfassungsbeschwerde bzgl. einer Versagung von Vollstreckungsschutz gemäß § 765a ZPO in einem Zwangsversteigerungsverfahren; Aussetzung der Versteigerung eines Hauses aufgrund des Bestehens einer Suizidgefahr bei dem Hausbesitzer

BVerfG, Beschluss vom 15.05.2019 - Aktenzeichen 2 BvR 2425/18

DRsp Nr. 2019/7942

Verfassungsbeschwerde bzgl. einer Versagung von Vollstreckungsschutz gemäß § 765a ZPO in einem Zwangsversteigerungsverfahren; Aussetzung der Versteigerung eines Hauses aufgrund des Bestehens einer Suizidgefahr bei dem Hausbesitzer

Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet die Vollstreckungsgerichte, bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 765a ZPO auch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes und die dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechte zu berücksichtigen. Dies kann dazu führen, dass die Vollstreckung für einen längeren Zeitraum und auf unbestimmte Zeit einzustellen ist. Ergibt die erforderliche Abwägung, dass die der Zwangsvollstreckung entgegenstehenden Interessen des Schuldners im konkreten Fall ersichtlich schwerer wiegen als die Belange, deren Wahrung die Vollstreckungsmaßnahme dienen soll, so kann der trotzdem erfolgende Eingriff das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und das Grundrecht des Schuldners aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzen.

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 27. September 2018 - 1 T 83/18 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Dessau-Roßlau zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.