Zu Art. 72 Abs. 1 Buchst. d) Nr. ii der Richtlinie 2014/24/EU

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen in einem europaweiten Vergabeverfahren ein bereits erteilter Auftrag auf einen anderen Auftragnehmer übertragen werden kann

EuGH, Urt. v. 03.02.2022 - Rs. C-461/20

I. Das Urteil nimmt Stellung zu der Frage,

ob in einem europaweiten Vergabeverfahren, für welches der Anwendungsbereich der Vergaberichtlinie 2014/24/EU eröffnet ist, die richtlinienkonforme Auslegung nationalen Rechts die Übertragung eines bereits abgeschlossenen Vertrags auf einen anderen Vertragspartner ausschließt bzw. unter welchen Voraussetzungen ein bereits erteilter Auftrag auf einen anderen Auftragnehmer übertragen werden kann.

II. Das Urteil hat folgenden Entscheidungssatz:

Art. 72 Abs. 1 Buchst. d Ziff. ii der Richtlinie 2014/24/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 6. 20.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass bei einem Wirtschaftsteilnehmer, der - nachdem über das Vermögen des ursprünglichen Auftragnehmers das zu dessen Abwicklung führende Konkursverfahren eröffnet wurde - lediglich diejenigen Rechte und Pflichten des ursprünglichen Auftragnehmers übernommen hat, die sich aus einer mit einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Rahmenvereinbarung ergeben, davon auszugehen ist, dass er im Sinne dieser Bestimmung im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung teilweise an die Stelle des genannten ursprünglichen Auftragnehmers getreten ist.