BVerfG - Urteil vom 20.02.2001
2 BvR 1444/00
Normen:
GG Art 13 Abs. 2 ; stopp § 105 Abs. 1 S. 1;
Fundstellen:
InVo 2001, 205
JZ 2001, 1029
JuS 2001, 701
NJW 2001, 1121
NStZ 2001, 382
StV 2001, 207
StV 2001, 322
Vorinstanzen:
LG Kleve, vom 19.07.2000 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Qs 84/00
AG Rheinberg, vom 30.05.2000 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Gs 83/2000

Durchsuchung einer Wohnung wegen Gefahr im Verzug

BVerfG, Urteil vom 20.02.2001 - Aktenzeichen 2 BvR 1444/00

DRsp Nr. 2001/4661

Durchsuchung einer Wohnung wegen Gefahr im Verzug

»1. a) Der Begriff "Gefahr im Verzug" in Art. 13 Abs. 2 GG ist eng auszulegen; die richterliche Anordnung einer Durchsuchung ist die Regel, die nichtrichterliche die Ausnahme. b) "Gefahr im Verzug" muss mit Tatsachen begründet werden, die auf den Einzelfall bezogen sind. Reine Spekulationen, hypothetische Erwägungen oder lediglich auf kriminalistische Alltagserfahrung gestützte, fallunabhängige Vermutungen reichen nicht aus. 2. Gerichte und Strafverfolgungsbehörden haben im Rahmen des Möglichen tatsächliche und rechtliche Vorkehrungen zu treffen, damit die in der Verfassung vorgesehene Regelzuständigkeit des Richters auch in der Masse der Alltagsfälle gewahrt bleibt. 3. a) Auslegung und Anwendung des Begriffs "Gefahr im Verzug" unterliegen einer unbeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die Gerichte sind allerdings gehalten, der besonderen Entscheidungssituation der nichtrichterlichen Organe mit ihren situationsbedingten Grenzen von Erkenntnismöglichkeiten Rechnung zu tragen. b) Eine wirksame gerichtliche Nachprüfung der Annahme von "Gefahr im Verzug" setzt voraus, dass sowohl das Ergebnis als auch die Grundlagen der Entscheidung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Durchsuchungsmaßnahme in den Ermittlungsakten dargelegt werden.«

Normenkette:

GG Art 13 Abs. 2 ; stopp § 105 Abs. 1 S. 1;

Gründe: