BGH - Urteil vom 09.02.2006
5 StR 564/05
Normen:
StGB § 235 Abs. 4 Nr. 1 ;
Fundstellen:
FamRZ 2006, 1524
NJW 2006, 2565
NStZ 2006, 447
StV 2006, 470
Vorinstanzen:
LG Berlin, vom 24.06.2005

Kriterien für das Vorliegen einer konkreten Gefahr; Gefährdungsopfer

BGH, Urteil vom 09.02.2006 - Aktenzeichen 5 StR 564/05

DRsp Nr. 2006/6338

Kriterien für das Vorliegen einer konkreten Gefahr; Gefährdungsopfer

1. § 235 Abs. 4 Nr. 1 StGB erfordert, dass durch die Tat die konkrete Gefahr einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung des Opfers verursacht wird. Eine solche konkrete Gefahr kann nur dann angenommen werden, wenn die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus im Hinblick auf einen bestimmten Vorgang in eine kritische Situation geführt hat; in dieser Situation muss - was nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist - die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt worden sein, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht. 2. Opfer im Sinne von § 235 Abs. 4 Nr. 1 StGB ist der von der Tat betroffene Minderjährige, nicht jedoch der Sorgeberechtigte.

Normenkette:

StGB § 235 Abs. 4 Nr. 1 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Entziehung Minderjähriger (§ 235 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten sowie zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 50.000 Euro verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte, vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft, mit der namentlich die Nichtannahme des Qualifizierungstatbestandes nach § 235 Abs. 4 Nr. 1 StGB beanstandet wird, bleibt ohne Erfolg.