OLG Bremen - Beschluss vom 24.04.2019
1 Ws 44/19
Normen:
StPO § 112 Abs. 1 S. 1; StPO § 112 Abs. 2 Nr. 2; StPO § 116;
Fundstellen:
StV 2021, 178
Vorinstanzen:
LG Bremen, vom 18.02.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 200 Js 68589/17

Nicht nur kurzfristige Überlastung des Gerichts ist keine Rechtfertigung für verzögerte Bearbeitung einer HaftsacheBeschleunigungsgrundsatz in Haftsachen

OLG Bremen, Beschluss vom 24.04.2019 - Aktenzeichen 1 Ws 44/19

DRsp Nr. 2019/10981

Nicht nur kurzfristige Überlastung des Gerichts ist keine Rechtfertigung für verzögerte Bearbeitung einer Haftsache Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen

1. Die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft ist grundsätzlich nach der Dauer der Strafe zu beurteilen, die der Angeklagte mutmaßlich zu verbüßen haben wird. Gleichzeitig sind im Rahmen der von den Gerichten vorzunehmenden Abwägung für die Aufrechterhaltung einer Haft auch Kriterien wie die Komplexität der einzelnen Rechtssache, die Vielzahl der beteiligten Personen und das Verhalten der Verteidigung von Bedeutung. 2. Mit zunehmender Dauer der Freiheitsentziehung vergrößern sich das Gewicht des Freiheitsanspruchs und die Anforderungen an die Zügigkeit der Arbeit in einer Haftsache (Beschleunigungsgebot als besondere Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes). 3. Das Beschleunigungsgebot findet ungeachtet der geringeren Eingriffswirkung auch dann Anwendung, wenn ein Untersuchungshaftbefehl wegen Strafhaft in anderer Sache nicht vollzogen wird und lediglich Überhaft vermerkt ist. 4. Der Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen verlangt eine vorausschauende, auch größere Zeiträume umgreifende Hauptverhandlung mit mehr als einem durchschnittlichen Hauptverhandlungstag pro Woche.