BVerfG - Beschluss vom 30.07.2014
2 BvR 1457/14
Normen:
GG Art. 2 Abs. 2 S. 2; GG Art. 20 Abs. 3; EMRK Art. 6 Abs. 2; StPO § 121; StPO § 122;
Fundstellen:
NStZ-RR 2014, 314
StV 2015, 39
Vorinstanzen:
OLG München, vom 10.06.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ws 537/14
LG München I, vom 29.04.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 451 Js 173287/13

Rechtfertigung einer längeren Untersuchungshaft eines Beschuldigten als verfahrensangemessen bei unzureichend empfundener personeller Ausstattung eines Gerichts; Pflicht des Staates zur verfassungsmäßigen Ausstattung der Gerichte hinsichtlich des Beschleunigungsgebots in Haftsachen

BVerfG, Beschluss vom 30.07.2014 - Aktenzeichen 2 BvR 1457/14

DRsp Nr. 2014/12632

Rechtfertigung einer längeren Untersuchungshaft eines Beschuldigten als verfahrensangemessen bei unzureichend empfundener personeller Ausstattung eines Gerichts; Pflicht des Staates zur verfassungsmäßigen Ausstattung der Gerichte hinsichtlich des Beschleunigungsgebots in Haftsachen

Die als unzureichend empfundene personelle Ausstattung eines Gerichts vermag eine längere als die verfahrensangemessene Untersuchungshaft eines Beschuldigten in keinem Fall zu rechtfertigen. Kann dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgebot in Haftsachen nicht Rechnung getragen werden, weil der Staat seiner Pflicht zur verfassungsgemäßen Ausstattung der Gerichte nicht nachkommt, haben die mit der Haftprüfung betrauten Fachgerichte die verfassungsrechtlich gebotenen Konsequenzen zu ziehen, indem sie die Haftentscheidung aufheben; ansonsten verfehlen sie die ihnen obliegende Aufgabe, den Grundrechtsschutz der Betroffenen zu verwirklichen

Tenor

Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 10. Juni 2014 - 2 Ws 537/14 H und 538/14 - und der Beschluss des Landgerichts München I vom 29. April 2014 - J KLs 451 Js 173287/13 jug - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.