BVerfG - Beschluss vom 17.01.2013
2 BvR 2098/12
Normen:
GG Art. 2 Abs. 2 S. 2;
Fundstellen:
StV 2013, 640
Vorinstanzen:
OLG Stuttgart, vom 01.08.2012 - Vorinstanzaktenzeichen Ws 42/12
LG Stuttgart, vom 25.06.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 211 Js 28184/12
AG Stuttgart, vom 20.12.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 209 Gs 661/11

Verfassungsbeschwerde gegen die Aufrechterhaltung einer angeordneten Untersuchungshaft unter dem Blickwinkel des Beschleunigungsgebots

BVerfG, Beschluss vom 17.01.2013 - Aktenzeichen 2 BvR 2098/12

DRsp Nr. 2013/2421

Verfassungsbeschwerde gegen die Aufrechterhaltung einer angeordneten Untersuchungshaft unter dem Blickwinkel des Beschleunigungsgebots

1. Die Verwerfung einer Haftbeschwerde ist rechtswidrig, wenn das Gericht zwar von der Verhängung einer empfindlichen, möglicherweise zu vollstreckenden Jugend- oder Freiheitsstrafe ausgeht, jedoch dabei die voraussichtliche Gesamtdauer des Verfahrens außer Betracht lässt und insbesondere unter Berücksichtigung einer etwaigen Aussetzung eines Strafrestes zur Bewährung nach § 57 StGB oder nach § 88 JGG nicht das hypothetische Ende einer möglicherweise zu verhängenden Freiheits- oder Jugendstrafe in den Blick nimmt, obwohl dafür ein gesteigerter Anlass bestand. 2. Mit der Anberaumung von knapp mehr als durchschnittlich einem Sitzungstag pro Woche allein ist der verfassungsrechtlichen Pflicht zur beschleunigten Durchführung einer Hauptverhandlung in Haftsachen noch nicht genügt.

Tenor

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 1. August 2012 - 4b Ws 42/12 - und der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 25. Juni 2012 - 4 KLs 211 Js 28184/12 Hw. - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.