BVerfG - Beschluss vom 20.12.2017
2 BvR 2552/17
Normen:
BVerfGG § 93c Abs. 1 S. 1; GG Art. 2 Abs. 2 S. 2; GG Art. 20 Abs. 3; EMRK Art. 6 Abs. 2;
Fundstellen:
AnwBl 2018, 302
StV 2019, 111
Vorinstanzen:
OLG Zweibrücken, vom 02.11.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ws 303/17
AG Landau i. d. Pfalz, vom 28.06.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Gs 726/16

Verfassungsrechtlich tragfähige Begründung für die Anordnung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft; Beachtung des Spannungsverhältnisses zwischen dem gewährleisteten Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung; Erhöhte Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen

BVerfG, Beschluss vom 20.12.2017 - Aktenzeichen 2 BvR 2552/17

DRsp Nr. 2018/1725

Verfassungsrechtlich tragfähige Begründung für die Anordnung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft; Beachtung des Spannungsverhältnisses zwischen dem gewährleisteten Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung; Erhöhte Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen

Die Untersuchungshaft kann zur Durchführung eines geordneten Strafverfahrens und zur Sicherstellung der Strafvollstreckung dann nicht mehr als notwendig anerkannt werden, wenn ihre Fortdauer durch Verfahrensverzögerungen verursacht ist, die ihre Ursache nicht in dem konkreten Strafverfahren haben und daher von dem Beschuldigten nicht zu vertreten, sondern vermeidbar und sachlich nicht gerechtfertigt sind. Allein die Schwere der Tat und die sich daraus ergebende Straferwartung vermögen bei erheblichen, vermeidbaren und dem Staat zuzurechnenden Verfahrensverzögerungen nicht zur Rechtfertigung einer ohnehin schon lang andauernden Untersuchungshaft zu dienen.

Tenor

Der Beschluss des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 2. November 2017 - 1 Ws 303/17 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.