BVerfG - Beschluß vom 14.09.1989
2 BvR 1062/87
Normen:
BVerfGG § 15 Abs. 3 S. 3 ; GG Art. 1 Abs. 1 Art. 2 Abs. 1 Art. 19 Abs. 2 ; StGB § 46 Abs. 2 ; StPO § 244 ;
Fundstellen:
BVerfGE 80, 367
CR 1990, 142
DRsp IV(455)119a-c
DRsp IV(455)120a
EuGRZ 1989, 455
JZ 1990, 431
JuS 1990, 576
MDR 1990, 307
NJW 1990, 563
NStE Nr. 4 zu Art. 2 GG
NStZ 1990, 89
StV 1990, 1
wistra 1990, 185
Vorinstanzen:
LG Dortmund, vom 21.10.1986 - Vorinstanzaktenzeichen Ks 9 Js 502/85/14 (Schw) B 3/86
BGH, vom 09.07.1987 - Vorinstanzaktenzeichen 4 StR 223/87

Verwertung von Tagebuchaufzeichnungen in einem Strafverfahren

BVerfG, Beschluß vom 14.09.1989 - Aktenzeichen 2 BvR 1062/87

DRsp Nr. 1992/102

Verwertung von Tagebuchaufzeichnungen in einem Strafverfahren

1. Das in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verbürgte allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden.2. Dabei ist ein letzter unantastbarer Bereich privater Lebensgestaltung anerkannt, der der öffentlichen Gewalt schlechthin entzogen ist, so daß selbst schwerwiegende Interessen der Allgemeinheit Eingriffe in diesen Bereich nicht zu rechtfertigen vermögen und eine Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsdatzes nicht stattfindet.3. Die Verfassung gebietet nicht, Tagebücher oder ähnliche private Aufzeichnungen schlechthin von der Verwertung im Strafverfahren auszunehmen. Allein die Aufnahme in ein Tagebuch entzieht Informationen noch nicht dem staatlichen Zugriff.4. Gehören private Aufzeichnungen nicht zum absolut geschützten Kernbereich, so bedarf ihre Verwertung im Strafverfahren der Rechtsfertigung durch ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit.

Normenkette:

BVerfGG § 15 Abs. 3 S. 3 ; GG Art. 1 Abs. 1 Art. 2 Abs. 1 Art. 19 Abs. 2 ; StGB § 46 Abs. 2 ; StPO § 244 ;

Gründe: