KG - Beschluss vom 22.01.2016
3 Ws 654/15 - 141 AR 614/15
Normen:
StPO § 80; StPO § 81; StPO § 81a;
Vorinstanzen:
LG Berlin, vom 05.11.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 517 Qs 79/15

Zulässigkeit der zwangsweisen Vorführung des Beschuldigten zur Begutachtung durch einen psychiatrischen Sachverständigen auf seine Schuldfähigkeit

KG, Beschluss vom 22.01.2016 - Aktenzeichen 3 Ws 654/15 - 141 AR 614/15

DRsp Nr. 2016/6989

Zulässigkeit der zwangsweisen Vorführung des Beschuldigten zur Begutachtung durch einen psychiatrischen Sachverständigen auf seine Schuldfähigkeit

Für die zwangsweise Vorführung des Beschuldigten zu einer Exploration durch einen psychiatrischen Sachverständigen zur Begutachtung seiner Schuldfähigkeit besteht in der Regel keine Rechtsgrundlage: 1. § 80 Abs.1 StPO gestattet lediglich die Vorführung des Beschuldigten zu einer richterlichen Vernehmung, nicht jedoch zu einer Vernehmung unmittelbar durch einen psychiatrischen Sachverständigen. 2. § 81 Abs. 1 StPO rechtfertigt nur die stationäre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, nicht jedoch die ambulante Beobachtung in den Privaträumen eines Sachverständigen. 3. Zwar erlaubt § 81a Abs. 1 auch die Untersuchung des psychischen Zustandes des Beschuldigten, ggfls. unter Anwendung unmittelbaren Zwangs, etwa durch Vorführung vor den Arzt. Da der Angeklagte jedoch nur zur Duldung der Maßnahme, nicht hingegen zur aktiven Mitwirkung verpflichtet ist, stellt sich die Vorführung als unverhältnismäßig dar, wenn das Zusammentreffen mit dem Sachverständigen ohne Mitwirkung des Angeklagten keine Erkenntnisse verspricht oder die zu erwartenden Erkenntnisse ebenso zuverlässig auf für den Angeklagten weniger belastende Weise durch Beobachtungen der Hauptverhandlung erlangt werden können.