Anfechtung wegen Ausnutzung einer seelischen Zwangslage; Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts
BGH, Urteil vom 07.06.1988 - Aktenzeichen IX ZR 245/86
DRsp Nr. 1992/2438
Anfechtung wegen Ausnutzung einer seelischen Zwangslage; Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts
»a) Wer unter Ausnutzung einer seelischen Zwangslage (hier: Furcht vor einer Strafanzeige gegen einen nahen Angehörigen) zur Abgabe einer Willenserklärung (hier: einer Bürgschaftserklärung) veranlaßt worden ist, kann die Erklärung nicht in entsprechender Anwendung des § 123BGB anfechten. Das Ausnützen einer seelischen Zwangslage steht der widerrechtlichen Drohung nicht gleich.b) Ein Rechtsgeschäft, das unter Ausnutzung einer seelischen Zwangslage geschlossen wurde, kann wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sein, wenn besondere Umstände hinzutreten, die das Geschäft nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmenden Gesamtcharakter als verwerflich erscheinen lassen. Dazu genügt es nicht, daß lediglich die seelische Zwangslage durch Zeitdruck verstärkt worden ist.«