OLG Hamm - Beschluss vom 24.05.2016
3 UF 139/15
Normen:
FamFG § 58 Abs. 1; FamFG § 59 Abs. 1; FamFG § 63 Abs. 1; FamFG § 64 Abs. 1; FamFG § 155a Abs. 3; BGB § 1626a Abs. 1 Nr. 3; BGB Abs. 2 S. 1 u. 2; BGB Abs. 3; BGB § 1671 Abs. 2 S. 2 Nr. 2; BGB; BGB § 1696 Abs. 1 S. 1 u. 2; GG Art. 6 Abs. 2 S. 1;
Fundstellen:
FuR 2017, 95
MDR 2016, 13
Vorinstanzen:
AG Gelsenkirchen-Buer, vom 17.06.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 18 F 246/13

Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht verheirateter Eltern bei fehlender Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit

OLG Hamm, Beschluss vom 24.05.2016 - Aktenzeichen 3 UF 139/15

DRsp Nr. 2016/18664

Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht verheirateter Eltern bei fehlender Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit

1. § 1626a BGB legt unabhängig von der in der obergerichtlichen Rechtsprechung streitigen, aber weitgehend akademischen Frage, ob es sich um ein neues Leitbild oder ein neues Regel-Ausnahme-Verhältnis handelt, mit seiner gesetzlichen Vermutung, dass die gemeinsame Sorge nicht verheirateter Eltern dem Kindeswohl nicht widerspricht, einen eigenständigen Maßstab für deren erstmalige Einrichtung fest, da die Norm eine Prognoseentscheidung und nicht wie § 1671 BGB die nachträgliche Feststellung eines Scheiterns der gemeinsamen Elternverantwortung erfordert.2. Der Wertungswiderspruch, der sich insoweit zwischen § 1626a BGB und § 1671 BGB ergibt, kann nur dadurch aufgelöst werden, dass - ohne zwingende Prämisse einer Kindeswohldienlichkeit der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern - die Zugangsvoraussetzungen für deren erstmalige Anordnung nicht zu hoch angesetzt werden. Auch im Hinblick auf die gem. den §§ 1626a Abs. 2, 1696 Abs. 1 S. 2, 1671 BGB gegenüber dem ansonsten geltenden § Abs. S. 1 milderen späteren Abänderungsvoraussetzungen kann es hinzunehmen sein, dass ggf. erst nach einer Zeit der Erprobung festzustellen ist, dass die erstmals angeordnete gemeinsame elterliche Sorge tatsächlich nicht funktioniert.