OLG Hamm - Beschluß vom 24.06.1996
12 WF 130/96
Normen:
BGB § 1632 ; EGBGB Art. 6 ; FGG § 33 ; GG Art. 3 ; MSA Art. 1 Art. 3 Art. 7 Art. 8 Art. 16 ; Türk. ZGB Art. 263 Abs. 2 ;
Fundstellen:
NJW-RR 1997, 5
NJWE-FER 1997, 69 (LS)

Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts eines Minderjährigen; Durchsetzung einer Rückgabeanordnung

OLG Hamm, Beschluß vom 24.06.1996 - Aktenzeichen 12 WF 130/96

DRsp Nr. 1997/561

Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts eines Minderjährigen; Durchsetzung einer Rückgabeanordnung

1. Unter dem gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des Minderjährigenschutzabkommens ist der Ort oder das Land zu verstehen, in dem der Schwerpunkt der Bindungen der betreffenden Person, ihr Daseinsmittelpunkt, liegt. Zu fordern ist nicht nur ein Aufenthalt von einer gewissen Dauer, sondern auch das Vorhandensein weiterer Beziehungen, insbesondere in familiärer oder beruflicher Hinsicht, in denen der Schwerpunkt der Bindungen der betreffenden Person zu sehen ist. Vom "Wohnsitz" unterscheidet sich der "gewöhnliche Aufenthalt" dadurch, daß der Wille, den Aufenthaltsort zum Mittelpunkt oder Schwerpunkt der Lebensverhältnisse zu machen, nicht erforderlich ist.2. Bei Minderjährigen ist der gewöhnliche Aufenthalt nach diesen Kriterien, bezogen auf die Person des Minderjährigen, selbständig zu ermitteln; er leitet sich nicht vom gewöhnlichen Aufenthalt oder Wohnsitz des Sorgeberechtigten ab.3. Werden noch nicht schulpflichtige türkische Kinder gegen den Willen der allein sorgeberechtigten türkischen Mutter vom Vater, ebenfalls türkischer Staatsangehöriger, in die Türkei zu den Großeltern gebracht, so liegt dort noch kein gewöhnlicher Aufenthaltsort der Kinder vor, wenn seit der Kindesentziehung erst zehn Monate vergangen sind.