OLG Stuttgart - Urteil vom 14.01.1999
16 UF 135/98
Normen:
BGB § 1570 § 1579 Nr. 3, 4 § 1585c ;
Fundstellen:
FamRZ 1999, 1136
OLGReport-Stuttgart 1999, 188
Vorinstanzen:
AG Ulm, vom 19.02.1998 - Vorinstanzaktenzeichen 2 F 432/97

Kürzung des Betreuungsunterhalts bei Herbeiführung einer Schwangerschaft durch künstliche Befruchtung

OLG Stuttgart, Urteil vom 14.01.1999 - Aktenzeichen 16 UF 135/98

DRsp Nr. 1999/9820

Kürzung des Betreuungsunterhalts bei Herbeiführung einer Schwangerschaft durch künstliche Befruchtung

1. Hat der Unterhaltsverpflichtete zu einer Zeit, als die Ehe noch intakt war, einer homologen Insemination bei dem Unterhaltsberechtigten zugestimmt und führt der Berechtigte die künstliche Empfängnis trotz des nunmehr wegen einer Ehekrise erfolgten Widerspruchs des Pflichtigen erfolgreich durch (mit der Folge eines Unterhaltsanspruchs nach § 1570 BGB), so liegt in diesem Verhalten weder ein mutwilliges Herbeiführen der Unterhaltsbedürftigkeit, § 1579 Nr. 3 BGB, noch ein Hinwegsetzen über schwerwiegende Vermögensinteressen des Pflichtigen, § 1579 Nr. 4 BGB.2. Insbesondere dann, wenn der Pflichtige selbst die Ehekrise verursacht hat (hier: durch Aufnahme einer außerehelichen Beziehung) und ein Scheitern der Ehe noch nicht feststeht (hier: zum Zeitpunkt der Insemination noch bestehende eheliche Lebensgemeinschaft), besteht keine Verpflichtung des Berechtigten auf die durch den Treuebruch des Pflichtigen selbst geschaffene geänderte Bewusstseinslage Rücksicht zu nehmen.3. Im übrigen gehört die Freiheit, sich für ein Kind zu entscheiden, zum engsten Kern der Persönlichkeit und ihrer Entfaltung in Selbstbestimmung, so dass in der Betätigung dieser Freiheit kein leichtfertiges, von sozialen Standards abweichendes Verhalten gesehen werden kann.