BVerfG - Beschluss vom 01.02.2023
1 BvL 7/18
Normen:
GG Art. 6 Abs. 1; EGBGB Art. 13 Abs. 1; EGBGB Art. 13 Abs. 3 Nr. 1;
Fundstellen:
FamRB 2023, 264
FamRB 2023, 5
FamRZ 2023, 837
FuR 2023, 343
JZ 2023, 244
MDR 2023, 571
NJW 2023, 1494
ZAR 2023, 181
Vorinstanzen:
BGH, vom 14.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen XII ZB 292/16

Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Bekämpfung von im Ausland geschlossenen Kinderehen; Qualifizierung einer unter Beteiligung eines nach ausländischem Recht ehemündigen Minderjährigen geschlossenen Ehe nach deutschem Recht ohne einzelfallbezogene Prüfung als Nichtehe; Erforderlichkeit der vorgelegten Norm im verfassungsrechtlichen Sinne

BVerfG, Beschluss vom 01.02.2023 - Aktenzeichen 1 BvL 7/18

DRsp Nr. 2023/4544

Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Bekämpfung von im Ausland geschlossenen Kinderehen; Qualifizierung einer unter Beteiligung eines nach ausländischem Recht ehemündigen Minderjährigen geschlossenen Ehe nach deutschem Recht ohne einzelfallbezogene Prüfung als Nichtehe; Erforderlichkeit der vorgelegten Norm im verfassungsrechtlichen Sinne

1. Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG ist eine rechtlich verbindliche, im Grundsatz auf Dauer angelegte, auf freiem Entschluss beruhende, in besonderer Weise mit gegenseitigen Einstandspflichten einhergehende, gleichberechtigte und autonom ausgestaltete Lebensgemeinschaft, die durch einen formalisierten, nach außen erkennbaren Akt begründet wird. Nach ausländischem Recht eingegangene Lebensgemeinschaften ehelicher Art unterfallen dann nicht ohne Weiteres dem Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG, wenn diese verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien zuwiderlaufen.2. Die Freiheit der Ehe erfordert und gestattet gesetzliche Regeln, die die als Ehe verfassungsrechtlich geschützte Lebensgemeinschaft rechtlich definieren und abgrenzen. Solche Regelungen müssen mit den Strukturprinzipien vereinbar sein und den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügen.