BVerfG - Beschluß vom 29.01.1969
1 BvR 26/66
Normen:
BGB § 1712 ; GG Art. 6 Abs. 1, 5;
Fundstellen:
AP Nr. 12 zu Art. 6 Abs. 5 GG Uneheliche Kinder
DB 1969, 524
DÖV 1969, 345
FamRZ 1969, 196
JZ 1969, 294
JuS 1969, 288
MDR 1969, 453
NJW 1969, 597
Rpfleger 1969, 123
Vorinstanzen:
LG Kiel, vom 16.12.1965 - Vorinstanzaktenzeichen 3 S 65/65

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung des Nichtehelichenrechts

BVerfG, Beschluß vom 29.01.1969 - Aktenzeichen 1 BvR 26/66

DRsp Nr. 1996/7871

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung des Nichtehelichenrechts

»1. Erfüllt der Gesetzgeber den ihm von der Verfassung in Art. 6 Abs. 5 GG erteilten Auftrag zur Reform des Unehelichenrechts auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts nicht bis zum Ende der laufenden (fünften) Legislaturperiode des Bundestags, so ist der Wille der Verfassung soweit wie möglich von der Rechtsprechung zu verwirklichen. Die Verfassungsnorm erlangt insoweit derogierende Kraft gegenüber entgegenstehendem einfachen Recht.2. Art. 6 Abs. 5 GG gewährt ein Grundrecht, das als eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes anzusehen ist.3. Zwischen Art. 6 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 5 GG besteht keine Antinomie.4. Es ist mit Art. 6 Abs. 5 GG nicht vereinbar, auf den Anspruch des unehelichen Kindes nach § 1712 BGB eine Waisenrente aus der Sozialversicherung anzurechnen, die dem Kind wegen des Todes seines Vaters gewährt wird.«

Normenkette:

BGB § 1712 ; GG Art. 6 Abs. 1, 5;

Gründe:

A.

I.

Nach bürgerlichem Recht kann das uneheliche Kind den ihm gegen seinen Vater zustehenden Unterhaltsanspruch nach dessen Tode gegen die Erben geltend machen. Die entsprechende Vorschrift lautet:

§ 1712 BGB

(1) Der Unterhaltsanspruch erlischt nicht mit dem Tode des Vaters; er steht dem Kinde auch dann zu, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben ist.