OLG Hamm - Beschluss vom 06.06.2011
II-8 UF 46/11
Normen:
BGB § 1666; BGB § 1666a;
Fundstellen:
FamRZ 2012, 462
Vorinstanzen:
AG Steinfurt, vom 20.12.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 30 F 66/10

Voraussetzungen der Entziehung der elterlichen Sorge; Begriff des Kindeswohls i.S. von §§ 1666, 1666a BGB

OLG Hamm, Beschluss vom 06.06.2011 - Aktenzeichen II-8 UF 46/11

DRsp Nr. 2012/1186

Voraussetzungen der Entziehung der elterlichen Sorge; Begriff des Kindeswohls i.S. von §§ 1666, 1666a BGB

1. Bei der Auslegung des Begriffs des Kindeswohls gem. §§ 1666, 1666a BGB ist, wie sich aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG ergibt, ein Vorrang des Erziehungsrechts der Eltern zu berücksichtigen, in das der Staat nur im Rahmen seines Wächteramtes und nur unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - insbesondere wenn es um die Trennung des Kindes von seinen leiblichen Eltern geht - eingreifen darf. Vor diesem Hintergrund muss das elterliche Fehlverhalten oder Versagen gegenüber dem Kindeswohl eine gewisse Evidenz aufweisen. 2. Insbesondere gehört es nicht zum staatlichen Wächteramt, für eine den Fähigkeiten des Kindes bestmögliche Förderung zu sorgen; vielmehr gehören die Eltern und deren sozioökonomische Verhältnisse grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes. Das Kind hat keinen Anspruch auf "Idealeltern" und eine optimale Förderung und Erziehung, so dass sich das staatliche Wächteramt auf die Abwehr von Gefahren für das Kindeswohl beschränkt. 3. Einer Gefährdung des Kindeswohls durch einen Wechsel des Kindes aus dem Haushalt seiner Pflegeeltern in den Haushalt der Kindesmutter wird hinreichend durch eine zu befristende Verbleibensanordnung gem. § 1632 Abs. 4 BGB entgegengewirkt.