OLG Hamm - Beschluss vom 15.06.2012
II-10 UF 47/11
Normen:
BGB § 1632 Abs. 4;
Vorinstanzen:
AG Hattingen, vom 09.02.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 69 F 38/10

Voraussetzungen des Verbleibens eines Kindes in einer Pflegefamilie

OLG Hamm, Beschluss vom 15.06.2012 - Aktenzeichen II-10 UF 47/11

DRsp Nr. 2013/5339

Voraussetzungen des Verbleibens eines Kindes in einer Pflegefamilie

1. Der Begriff der "längeren Zeit" i.S. von § 1632 Abs. 4 BGB ist nicht absolut, sondern unter Berücksichtigung des kindlichen Zeitbegriffs zu verstehen. Es kommt darauf an, ob die Pflegezeit dazu geführt hat, dass das Kind in der Pflegefamilie seine Bezugswelt gefunden hat. Dies ist der Fall, wenn das Kind im Alter von zwei Jahren in die Pflegefamilie gekommen ist und dort seit mittlerweile fünf Jahren lebt.2. Bei einer Entscheidung nach § 1632 Abs. 4 BGB ist sowohl dem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG als auch der Grundrechtsposition des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i.V. mit Art. 1 Abs. 1 GG Rechnung zu tragen. Im Rahmen der erforderlichen Abwägung der verfassungsrechtlich geschützten Rechte ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Bereich des Art. 6 Abs. 2 GG das Wohl des Kindes immer den Richtpunkt bildet, so dass dieses bei Interessenkonflikten zwischen dem Kind und seinen Eltern letztlich bestimmend sein muss. Dies kann in Einzelfällen dazu führen, ein Verbleiben anzuordnen, dessen zeitlicher Endpunkt nicht abzusehen ist.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hattingen vom 9. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Von der Erhebung der Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.