7/5.3.4 Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten

Autor: Diehl

Im Rahmen der Prüfung der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Kindes ist die besondere Situation beim Elternunterhalt zu berücksichtigen. Während Eltern immer darauf vorbereitet sein und sich darauf einrichten müssen, ihren Kindern Unterhalt bis zu deren wirtschaftlicher Selbständigkeit zu zahlen, muss ein Kind nach wie vor nicht damit rechnen, auch noch den Unterhaltsbedarf der eigenen Eltern absichern zu müssen und dies eventuell zu einem Zeitpunkt, in dem auch das unterhaltspflichtige Kind selbst schon in einem vorgerückten Alter ist. Daher genießen im Rahmen der Abwägung zwischen den Belangen des Unterhaltsberechtigten und des Unterhaltspflichtigen diejenigen des Pflichtigen einen Vorrang. Der Pflichtige soll sich nicht über Gebühr einengen müssen. Es sind also großzügige Maßstäbe bei der Berücksichtigung sonstiger Verbindlichkeiten und der Beibehaltung des Lebensstandards des Pflichtigen anzuwenden. Die Abgrenzung zwischen berücksichtigungswürdigen und anderen Verbindlichkeiten geschieht im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung nach billigem Ermessen (OLG Hamm v. 16.09.2021 - II-4 UF 143/19, FamRZ 2022, 449, unter Bezugnahme auf BGH v. 05.02.2014 - XII ZB 25/13, FamRZ 2014, 538). Maßgeblich ist somit der angemessene Selbstbehalt, der jedoch nicht pauschal festgelegt wird, sondern sich an den individuellen Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen orientiert.