Kollektives Arbeitsrecht

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Nachteilsausgleich (§ 113 BetrVG)

Begrenzter zeitlicher Umfang

Arbeitnehmer, die infolge einer Abweichung des Arbeitgebers von den Vereinbarungen eines Interessenausgleichs, ohne dass dieser einen zwingenden Grund dafür hatte, entlassen werden oder sonstige wirtschaftliche Nachteile erleiden, können Klage beim Arbeitsgericht erheben: Im Fall der Entlassung gerichtet auf Zahlung einer Abfindung, im Fall sonstiger wirtschaftlicher Nachteile auf deren Ausgleich unter genauer Bezeichnung und Bezifferung, hier aber begrenzt auf den Zeitraum von einem Jahr. Dies gilt auch dann, wenn ein Interessenausgleich gar nicht erst versucht und dennoch eine Betriebsänderung durchgeführt wurde. § 113 BetrVG erfasst zwar nicht mögliche Abweichungen von einem Sozialplan, aus einem solchen haben die Arbeitnehmer aber ohnehin einen individuell durchsetzbaren Anspruch (BAG, NZA 1985, 400). Auch ein Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Anzeigepflichten gegenüber der Agentur für Arbeit nach § 17 Abs. 3 KSchG begründet keine Nachteilsausgleichsansprüche aus § 113 Abs. 3 BetrVG (BAG, Urt. v. 30.03.2004 – 1 AZR 7/03, AP Nr. 47 zu § 113 BetrVG 1972). Ist die den Anspruch auf Nachteilsausgleich auslösende Handlung (Kündigungserklärung) vor der Insolvenzeröffnung erfolgt, so sind die Ansprüche des Arbeitnehmers einfache Insolvenzforderungen (BAG v. 04.12.2002 – 10 AZR 16/02, AP Nr. 2 zu § 38 InsO). Wenn der Insolvenzverwalter von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund abweicht oder eine nach § 111 BetrVG geplante Betriebsänderung durchführt, ohne über diese einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, begründet dies als Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 erste Alternative InsO) zu berichtigende Nachteilsausgleichsansprüche (BAG, Urt. v. 07.11.2017 – 1 AZR 186/16, NZA 2018, 464).