Keine Ausschluss des Rügerechts in der Berufungsinstanz bei fehlendem Hinweis zu kündigungsschutzrechtlichen Beschränkungen des Rügerechts - Vertrauensschutz für Altfälle bei Änderung der Rechtsprechung zur Massenentlassungsanzeige
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2005 - Aktenzeichen 4 Sa 48/05
DRsp Nr. 2006/2869
Keine Ausschluss des Rügerechts in der Berufungsinstanz bei fehlendem Hinweis zu kündigungsschutzrechtlichen Beschränkungen des Rügerechts - Vertrauensschutz für Altfälle bei Änderung der Rechtsprechung zur Massenentlassungsanzeige
1. Eine Präklusion des Rügerechts im Berufungsverfahren scheidet aus, wenn das Arbeitsgericht den Kläger zwar auf die mögliche Präklusion nach § 56 Abs. 2 und § 61 a Abs. 5ArbGG, nicht aber auf diejenige nach § 6 Satz 1 KSchG hingewiesen hat; der Kläger kann sich in diesem Fall auch noch in der Berufungsinstanz auf weitere Unwirksamkeitsgründe berufen.2. Das Vertrauen des Arbeitgebers in die Fortgeltung der bisherigen Rechtsprechung zu § 17KSchG ist schutzwürdig; im übrigen stellt es eine unzumutbare Härte dar, wenn dem Arbeitgeber nachträglich eine Handlungspflicht auferlegt würde, die er nachträglich nicht erfüllen kann, zweifellos aber erfüllt hätte, wenn ihm das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 27.01.2005 bekannt gewesen wäre.