SchlHOLG - Urteil vom 23.02.2021
7 U 149/20
Normen:
StVG § 10 Abs. 3 S. 2; ZPO § 97;
Vorinstanzen:
LG Flensburg, vom 09.07.2020

Anspruch auf Zahlung eines Hinterbliebenengeldes nach einem VerkehrsunfallBesonderes persönliches Näheverhältnis zu einem GetötetenGesetzliche VermutungBemessung von Hinterbliebenengeld

SchlHOLG, Urteil vom 23.02.2021 - Aktenzeichen 7 U 149/20

DRsp Nr. 2021/9031

Anspruch auf Zahlung eines Hinterbliebenengeldes nach einem Verkehrsunfall Besonderes persönliches Näheverhältnis zu einem Getöteten Gesetzliche Vermutung Bemessung von Hinterbliebenengeld

1. Es gibt keine Legaldefinition für "seelisches Leid". Mit dem Hinterbliebenengeld soll der Trauerschaden, der die erlittenen seelischen Beeinträchtigungen umfasst, abgegolten werden.2. Der Betrag von 10.000,00 € stellt nach dem Sinn und Zweck der neu eingefügten Regelungen (§§ 844 Abs. 3 BGB, 10 Abs. 3 StVG) keine Obergrenze, sondern Anker, Richtschnur und Orientierungshilfe für die Bemessung im Einzelfall dar. Bei der konkreten Bemessung ist § 287 ZPO anwendbar.3. Schockschäden für psychisches Leid einerseits und Hinterbliebenengeld für seelisches Leid andererseits stehen nicht in einem Stufenverhältnis zueinander, sondern es handelt sich um zwei unterschiedliche Ansprüche. Andauernde seelische Schmerzen können zumindest gleichwertige oder sogar - je nach Dauer und Intensität - höhere Betroffenheiten auslösen.4. Wie beim Schmerzensgeld handelt es sich auch beim Hinterbliebenengeld um einen Anspruch wegen einer immateriellen Einbuße. In beiden Fällen sind sowohl die Ausgleichs- als auch die Genugtuungsfunktion zu berücksichtigen.