OLG Oldenburg - Urteil vom 01.03.2023
5 U 45/22
Normen:
BGB § 823 Abs. 1; BGB § 630a; BGB § 630h Abs. 5 S. 2;
Fundstellen:
WKRS 2023, 34902
GesR 2023, 585
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, vom 25.03.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 8 O 539/20

Arzthaftung wegen eines versäumten Hinweises auf die Dringlichkeit postnataler augenärztlicher Kontrolle bei einem FrühgeborenenAbgrenzung von einfachem und grobem BehandlungsfehlerAbgrenzung von Fehlern in der Sicherungsaufklärung und der BefunderhebungAnforderungen an den Nachweis der Kausalität

OLG Oldenburg, Urteil vom 01.03.2023 - Aktenzeichen 5 U 45/22

DRsp Nr. 2023/12641

Arzthaftung wegen eines versäumten Hinweises auf die Dringlichkeit postnataler augenärztlicher Kontrolle bei einem Frühgeborenen Abgrenzung von einfachem und grobem Behandlungsfehler Abgrenzung von Fehlern in der Sicherungsaufklärung und der Befunderhebung Anforderungen an den Nachweis der Kausalität

1. Bei Frühgeborenen besteht ein besonderes Risiko für eine Ablösung der Netzhaut. 2. Dies gebietet eine Abschlussuntersuchung um den errechneten Geburtstermin herum. 3. Es stellt keinen groben, sondern einen einfachen Behandlungsfehler dar, wenn ärztlicherseits nicht auf die bestehende Dringlichkeit dieser Untersuchung hingewiesen wird. 4. Dies stellt sich als einfachen Fehler in der Sicherungsaufklärung dar und nicht als Befunderhebungsfehler. 5. Die (einfach) fehlerhafte Sicherungsaufklärung ist in der Regel nicht feststellbar kausal für eine eingetretene Netzhautablösung, da eine Laserbehandlung zwar eine gute Chance auf Erhalt eines besseren Visus, aber keine an Sicherheit grenzender Erfolgsaussicht gehabt hätte. 6. Jedoch kommt dem Patienten eine Beweislastumkehr gemäß § 630h Abs. 5 S. 2 BGB zugute, der auch auf Fälle der fehlerhaften Sicherungsaufklärung anwendbar ist.

Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.03.2022 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg wie folgt abgeändert: