SchlHOLG - Beschluss vom 24.01.2023
7 U 148/22
Normen:
StVG § 7 Abs. 1; StVG § 17 Abs. 1; StVG § 2; VVG § 115 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Burgerlijk Wetboek Art. 962 Abs. 1; Boek; BGB § 387; StVO § 2 Abs. 2; StVO § 3;

Haftungsverteilung bei einem Mehrfach-Auffahrunfall und - nicht unfallursächlicher - Geschwindigkeitsüberschreitung des Erstauffahrenden

SchlHOLG, Beschluss vom 24.01.2023 - Aktenzeichen 7 U 148/22

DRsp Nr. 2023/8334

Haftungsverteilung bei einem Mehrfach-Auffahrunfall und – nicht unfallursächlicher – Geschwindigkeitsüberschreitung des Erstauffahrenden

1. Allein der Umstand, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung bei der Beurteilung der Haftung für die Erstkollision - als hierfür nicht mitursächlich - außer Betracht bleiben muss, bedeutet nicht, dass sie für die Zweitkollision nicht nach den allgemeinen Grundsätzen der Haftungsverteilung zu berücksichtigen ist. Es bedarf dafür keineswegs eines erst nach der Erstkollision neu hinzugekommenen Verursachungsbeitrages, vielmehr genügt ein bereits vor der Erstkollision gesetzter Verursachungsbeitrag.2. Ein unfallursächliches Verschulden des Fahrzeugführers ist anzunehmen, wenn der Unfall bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zwar nicht räumlich, wohl aber zeitlich vermeidbar gewesen wäre. Dies ist der Fall, wenn es dem Fahrer bei einer verkehrsordnungsgemäßen Fahrweise zwar nicht gelungen wäre, das Fahrzeug noch vor der späteren Unfallstelle zum Stehen zu bringen, wenn er den PKW aber so stark hätte abbremsen können, dass dem Verletzten Zeit geblieben wäre, den Gefahrenbereich noch rechtzeitig zu verlassen.