Haftungsverteilung bei Kollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug nach Einbiegen in eine Vorfahrtstraße
BGH, Urteil vom 15.06.1982 - Aktenzeichen VI ZR 119/81
DRsp Nr. 1994/4848
Haftungsverteilung bei Kollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug nach Einbiegen in eine Vorfahrtstraße
»1. Ein Wartepflichtiger, der nach rechts in eine Vorfahrtstraße einbiegen will, kann grundsätzlich davon ausgehen, er werde keinen Vorfahrtsberechtigten an der Weiterfahrt behindern, wenn sich bei Beginn seines Einbiegens nicht nur von links keine Fahrzeuge nähern, sondern auf der Vorfahrtsstraße auch die für ihn rechte Straßenseite frei ist und keine Anzeichen dafür sprechen, dass eines der sich auf der bevorrechtigten Straße von rechts nähernden Fahrzeuge die Fahrbahnseite wechseln werden.2. Zum Anscheinsbeweis für eine Vorfahrtverletzung.«3. Biegt ein Fahrzeug aus einer wartepflichtigen in eine Vorfahrtsstraße ein und kommt es kurz darauf auf der Vorfahrtstraße zu einer Kollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug, das zum Überholen ansetzt, so kann nicht von einer Vorfahrtverletzung des einbiegenden Fahrzeugs ausgegangen werden. Lässt sich nicht feststellen, ob das entgegenkommende, auf der Vorfahrtstraße herangeführte Fahrzeug zum Zeitpunkt des Einbiegens den Überholvorgang bereits eingeleitet hatte, so ist bei gleich hoch zu erachtende Betriebsgefahr von einer hälftigen Schadensteilung auszugehen.