BVerfG - Beschluß vom 09.06.1994
2 BvR 2096/93
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1 ; StPO § 204 § 211 § 408 Abs. 1, Abs. 2 ;
Fundstellen:
DAR 1995, 103
NJW 1995, 124
NStE Nr. 2 zu § 211 StPO
NZV 1995, 78
VRS 88, 3
Vorinstanzen:
KreisG Ilmenau - Urteil vom 03.12.1992 - 3 Js 8563/91 Ds,
BezirksG Erfurt, vom 15.07.1993 - Vorinstanzaktenzeichen Ss 13/93

Objektiv willkürliche Verkennung der Sperrwirkung des § 211 StPO

BVerfG, Beschluß vom 09.06.1994 - Aktenzeichen 2 BvR 2096/93

DRsp Nr. 1995/3439

Objektiv willkürliche Verkennung der Sperrwirkung des § 211 StPO

Die Annahme, ein den Erlaß eines Strafbefehls mangels hinreichenden Tatverdachts ablehnender Beschluß entfalte im Einzelfall nicht die Sperrwirkung des § 211 StPO, entbehrt jeder Grundlage, ist schlechthin unhaltbar und verstößt damit gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG.

Normenkette:

GG Art. 3 Abs. 1 ; StPO § 204 § 211 § 408 Abs. 1, Abs. 2 ;

Gründe:

I.

1. a) Am 10. Januar 1992 beantragte die Staatsanwaltschaft Meiningen beim Kreisgericht Ilmenau den Erlaß eines Strafbefehls gegen den Beschwerdeführer wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tatmehrheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

b) Da dem Strafbefehlsantrag der (beschlagnahmte und bei der Staatsanwaltschaft asservierte) Führerschein des Beschwerdeführers nicht beigelegen hatte, ordnete der Richter gemäß §§ 214 Abs. 4, 221 StPO die Vorlage des Führerscheins durch die Staatsanwaltschaft an.

c) Hierauf antwortete der Staatsanwalt durch Verfügung vom 12. Februar 1992, mit welcher er begründete, warum der Führerschein nach seiner Ansicht kein Beweismittel sei, und bat (ohne Vorlage des Führerscheins) um eine Entscheidung über den Strafbefehlsantrag.

d) Daraufhin lehnte das Kreisgericht Ilmenau den Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls durch Beschluß vom 12. März 1992 gemäß § 408 Abs. 2 Satz 1 StPO ab.