BVerfG - Beschluß vom 08.12.1993
2 BvR 736/90
Normen:
GG Art. 2 Abs. 1 Art. 6 Abs. 1 ; StVollzG § 23 § 27 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 ;
Fundstellen:
BVerfGE 89, 315
EuGRZ 1994, 399
EzFamR aktuell 1994, 107
FamRZ 1994, 496
FuR 1994, 106
NJW 1994, 1401
NStE Nr. 4 zu § 27 StVollzG
ZfStrVo 1994
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, vom 26.01.1990 - Vorinstanzaktenzeichen 1 StVK 354/89
OLG Stuttgart, vom 26.04.1990 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Ws 46/90

Trennscheibe bei Ehegattenbesuchen eines Strafgefangenen

BVerfG, Beschluß vom 08.12.1993 - Aktenzeichen 2 BvR 736/90

DRsp Nr. 1994/2409

Trennscheibe bei Ehegattenbesuchen eines Strafgefangenen

»1. Die in der Vollzugspraxis und auch in der fachgerichtlichen Rechtsprechung verbreitete Auslegung des § 27 Abs. 1 S. 1 StVollzG, daß diese Bestimmung aus Gründen der Sicherheit auch die Trennscheibe als Mittel der Überwachung erlaubt, insbesondere um die nicht genehmigte Übergabe von Gegenständen (§ 27 Abs. 4 StVollzG) wirkungsvoll zu verhindern, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.2. Die Anordnung des Trennscheibeneinsatzes setzt konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer realen Gefährdung der Sicherheit der Anstalt voraus. Die Erforderlichkeit der Besuchsüberwachung ist grundsätzlich für jeden einzelnen Besuch im Hinblick auf die jeweils gegebene Besuchssituation zu prüfen. Die Anordnung des Trennscheibeneinsatzes im vorhinein kann allerdings gerechtfertigt sein, wenn eine schnelle Änderung der Gefahren begründenden Umstände ausgeschlossen erscheint.3. Der Trennscheibeneinsatz auch bei Besuchen des Ehegatten ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn der Gefangene wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, daß er ausbrechen wolle, und ihm dies auch schon gelungen ist. Es ist nachvollziehbar und einleuchtend, daß Besuche des Ehegatten ohne ausreichende Maßnahmen der Überwachung einem weiteren Ausbruchsversuch dienstbar gemacht werden können.