OLG Hamm - Beschluss vom 13.01.2023
20 U 306/22
Normen:
VVG § 28 Abs. 2; VVG § 32 S. 1;
Vorinstanzen:
LG Hagen, - Vorinstanzaktenzeichen 9 O 318/21

Voraussetzungen der Kürzung der Versicherungsleistung wegen Obliegenheitsverletzung

OLG Hamm, Beschluss vom 13.01.2023 - Aktenzeichen 20 U 306/22

DRsp Nr. 2023/3043

Voraussetzungen der Kürzung der Versicherungsleistung wegen Obliegenheitsverletzung

1. Will der Versicherer bei Verletzung einer vertraglich wirksam vereinbarten Obliegenheit (vollständige oder teilweise) Leistungsfreiheit in Anspruch nehmen, setzt dies eine wirksame vertragliche Vereinbarung nicht nur der Obliegenheit selbst, sondern auch der Rechtsfolge voraus. 2. Sofern in der Rechtsfolgenregelung in den AVB nicht auf die gesetzliche Regelung in § 28 VVG verwiesen wird und somit eine eigenständige vertragliche Sanktionsregelung für Obliegenheitsverstöße getroffen wird, müssen dem Versicherungsnehmer in dieser Regelung die Voraussetzungen einer möglichen Leistungsfreiheit oder -kürzung deutlich gemacht werden. Eine solche vertragliche Sanktionsbestimmung muss neben einem klaren und eindeutigen Hinweis auf die vom Verschuldensgrad (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) abhängige Kürzung des Anspruchs auch den Hinweis auf die Möglichkeit des Kausalitätsgegenbeweises (§ 28 Abs. 3 VVG) enthalten. 3. Diesen Anforderungen ist nicht genügt, wenn in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen lediglich nach der "Art der Pflichtverletzung", nicht aber nach dem Verschuldensmaßstab differenziert wird. 4. In einem solchen Fall ist der Versicherer nicht zur Kürzung der Versicherungsleistung wegen einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers berechtigt.

Tenor