OLG Karlsruhe - Urteil vom 20.11.2020
9 U 44/19
Normen:
StVG § 17 Abs. 1; StVG § 17 Abs. 2; StVG § 18 Abs. 3; StVO § 1 Abs. 2; StVO § 8 Abs. 1 Nr. 1;
Fundstellen:
NZV 2021, 325
VRS 2020, 237
r+s 2021, 105
Vorinstanzen:
LG Freiburg, vom 22.02.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 5 O 262/18

Haftungsverteilung bei Kollision eines wartepflichtigen Fahrzeugs mit einem bevorrechtigten Fahrzeug mit fehlerhaft gesetztem Fahrtrichtungsanzeiger

OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.11.2020 - Aktenzeichen 9 U 44/19

DRsp Nr. 2021/1278

Haftungsverteilung bei Kollision eines wartepflichtigen Fahrzeugs mit einem bevorrechtigten Fahrzeug mit fehlerhaft gesetztem Fahrtrichtungsanzeiger

1. Jeder Verkehrsteilnehmer muss grundsätzlich mit der Möglichkeit rechnen, dass der rechte Blinker eines bevorrechtigten Fahrzeugs versehentlich gesetzt sein kann. Wer an einer Kreuzung wartepflichtig ist, darf in der Regel nicht allein im Vertrauen auf den rechten Fahrtrichtungsanzeiger des anderen Fahrzeugs in die Kreuzung einfahren, wenn die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, dass das bevorrechtigte Fahrzeug trotz des Blinkers geradeaus weiterfährt.2. Kommt es zu einem Kreuzungsunfall, weil der wartepflichtige Fahrzeugführer wegen des rechts gesetzten Blinkers auf ein Abbiegemanöver des Vorfahrtsberechtigten vertraut hat, trifft den Wartepflichtigen in der Regel das überwiegende Verschulden.3. Wenn - außer der Vorfahrtsverletzung einerseits und dem fehlerhaft gesetzten Blinker andererseits - keine sonstigen wesentlichen Verursachungsbeiträge der Beteiligten zu berücksichtigen sind, kommt eine Haftungsquote von 70 % zu 30 % zu Gunsten des Vorfahrtsberechtigten in Betracht.

Tenor

1.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 22.02.2019 - 5 O 262/18 - aufgehoben.

2.

Die Klage wird abgewiesen.

3.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

4. 5. 6.