LAG Frankfurt/Main - Urteil vom 27.05.2008
12 Sa 1288/07
Normen:
VVG § 67 Abs. 1 Satz 1 ; AKB § 15 Abs. 2 ; BGB § 276 § 823 ;
Vorinstanzen:
ArbG Offenbach, vom 03.07.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 6 Ca 41/07

Keine grobe Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers bei Rotlichtunfall aufgrund Mietzieheffekt infolge anfahrender Fahrzeuge

LAG Frankfurt/Main, Urteil vom 27.05.2008 - Aktenzeichen 12 Sa 1288/07

DRsp Nr. 2008/18377

Keine grobe Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers bei Rotlichtunfall aufgrund Mietzieheffekt infolge anfahrender Fahrzeuge

1. Der Maßstab der groben Fahrlässigkeit setzt voraus, dass sich eine schwerwiegende Zuwiderhandlung wie das Überfahren einer roten Ampel subjektiv als unentschuldbares Fehlverhalten erweist und auf groben Leichtsinn, grobe Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit zurückgeht.2. Hat sich der Arbeitnehmer als Kraftfahrer vor einer roten Ampel vom Verkehr abgewandt und einer völlig anderen Beschäftigung zugewandt (Sendersuche im Radio) und nimmt er, aufgeschreckt durch ein Hupzeichen, wahr, dass Autos in der Spur rechts neben ihm losfahren und die Ampelanlage am rechten Fahrbahnrand vermeintlich auch für den Geradeausverkehr Grün anzeigt, stellt das Losfahren ohne sorgfältige Prüfung der Verkehrssituation keine grobe Pflichtverletzung dar.3. Es ist ein Erfahrungswert und eine Eigenart menschlichen Verhaltens, dass in derartigen Situationen, obwohl eigentlich angezeigt, nicht besonnen reagiert und vor der nächsten Handlung zunächst in Ruhe die Umgebung und die Situation geprüft wird sondern dass Hupen und Anfahren anderer Verkehrsteilnehmer (wie beim Ertapptwerden bei einem Fehlverhalten) inneren Druck und Unruhe erzeugen, die eher zu eingeschränkter Wahrnehmungsfähigkeit und überhasteten Reaktionen führen (Mitzieheffekt).