BVerfG - Beschluß vom 10.08.1998
1 BvR 10/98
Normen:
GG Art. 2 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3 ; ZPO § 233 § 236 § 519 Abs. 2 ;
Fundstellen:
AP Nr. 51 zu § 519 ZPO
AP Nr. 61 zu § 233 ZPO 1977
BRAK-Mitt 1999, 24
LM ZPO § 519 Nr. 138a
MDR 1998, 1364
NJW 1998, 3703
NVwZ 1999, 60
NZS 1999, 135
SGb 1999, 185
VersR 1999, 732
Vorinstanzen:
LG Leipzig, vom 27.11.1997 - Vorinstanzaktenzeichen 12 S 8517/97
LG Leipzig, vom 29.11.1997 - Vorinstanzaktenzeichen 12 S 8517/97

Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip bei unvorhersehbarer Verschärfung verfahrensrechtlicher Vorschriften - Versagung einer Fristverlängerung

BVerfG, Beschluß vom 10.08.1998 - Aktenzeichen 1 BvR 10/98

DRsp Nr. 1999/9879

Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip bei unvorhersehbarer Verschärfung verfahrensrechtlicher Vorschriften - Versagung einer Fristverlängerung

1. Es widerspricht dem Gebot rechtsstaatlicher Verfahrensgestaltung, wenn der Anspruch des Bürgers auf berechenbaren und gleichmäßigen Zugang zu den Gerichten dadurch eingeschränkt wird, daß entgegen eindeutiger Rechtsprechung eines obersten Bundesgerichts die Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften in einer für den Anwalt unvorhersehbaren Weise verschärft wird. 2. Bei einem erstmaligen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist darf der Anwalt darauf vertrauen, daß entsprechend der Rechtsprechung des BGH seinem Antrag mit großer Wahrscheinlichkeit entsprochen wird, wenn erhebliche Gründe i. S. d. § 519 Abs. 2 S. 3 ZPO wie berufliche Überlastung, urlaubsbedingte Rückstände, Vertretung erkrankter Kollegen geltend gemacht werden.

Normenkette:

GG Art. 2 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3 ; ZPO § 233 § 236 § 519 Abs. 2 ;

Gründe:

I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft Rechtsfragen der Verlängerung und der Wiedereinsetzung bei der Berufungsbegründungsfrist.