BGH - Urteil vom 07.11.2019
III ZR 17/19
Normen:
BGB § 394 S. 1; BGB § 399 Alt. 1; ZPO § 851 Abs. 1; GVG § 198 Abs. 1 S. 1; GVG § 198 Abs. 5 S. 3;
Fundstellen:
BGHZ 224, 20
DVBl 2020, 341
MDR 2020, 96
NJW 2020, 1364
VersR 2020, 694
WM 2020, 1790
Vorinstanzen:
OLG Karlsruhe, vom 18.01.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 16 EK 32/18

Vollstreckungsabwehrklage; Zulässigkeit der Aufrechnung des klagenden Landes gegen einen Entschädigungsanspruch des Beklagten wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens

BGH, Urteil vom 07.11.2019 - Aktenzeichen III ZR 17/19

DRsp Nr. 2019/17381

Vollstreckungsabwehrklage; Zulässigkeit der Aufrechnung des klagenden Landes gegen einen Entschädigungsanspruch des Beklagten wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens

a) § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG normiert einen staatshaftungsrechtlichen, verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch sui generis, der Verfahrensbeteiligten das Recht auf eine angemessene Entschädigung für Nachteile gewährt, die infolge einer unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens eingetreten sind. Anders als bei einem Amtshaftungsanspruch wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen soll durch die Gewährung einer Entschädigung kein schuldhaftes Fehlverhalten staatlicher Stellen mit spürbaren Auswirkungen für den ersatzpflichtigen Staat sanktioniert ("bestraft") werden (Abgrenzung zu dem Senatsurteil vom 1. Oktober 2009 - III ZR 18/09, BGHZ 182, 301).b) Die Aufrechnung gegenüber einem Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens mit einer Kostenforderung des Staates aus einem früheren Strafverfahren ist - nach rechtskräftiger Entscheidung über die Entschädigungsklage - grundsätzlich zulässig. Weder stellt sie eine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar noch folgt ein Aufrechnungsverbot aus § 394 Satz 1 , § Abs. in Verbindung mit § Alt. 1 beziehungsweise § Abs. Satz 3 (Fortführung des Senatsurteils vom 12. November 2015 - , BGHZ 207, ).