BSG - Urteil vom 20.05.2020
B 13 R 9/19 R
Normen:
SGB VI § 50 Abs. 1 Nr. 1; SGB VI § 51 Abs. 1; SGB VI § 51 Abs. 4; SGB VI § 55 Abs. 1 S. 2; SGB VI § 250 Abs. 1 Nr. 4; ZRBG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; ZRBG § 2 Abs. 1 Nr. 2; ZRBG § 2 Abs. 2;
Fundstellen:
BSGE 130, 171
NZS 2020, 977
Vorinstanzen:
LSG Schleswig-Holstein, vom 13.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 7 R 175/16
SG Lübeck, vom 20.10.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 48 R 173/12

Anspruch auf Anerkennung von Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung in einem Ghetto nach dem ZRBG in der gesetzlichen RentenversicherungAnforderungen an den Begriff des GhettosVorliegen eines Aufenthaltszwangs im räumlichen Lebensbereich bei einem Verbleib in den angestammten Wohnhäusern

BSG, Urteil vom 20.05.2020 - Aktenzeichen B 13 R 9/19 R

DRsp Nr. 2020/12349

Anspruch auf Anerkennung von Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung in einem Ghetto nach dem ZRBG in der gesetzlichen Rentenversicherung Anforderungen an den Begriff des Ghettos Vorliegen eines Aufenthaltszwangs im räumlichen Lebensbereich bei einem Verbleib in den angestammten Wohnhäusern

1. Der weite Ghettobegriff des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) erfasst im Kern abgrenzbare Orte, die Juden und anderen Gruppen von Verfolgten innerhalb des nationalsozialistischen Einflussbereichs zwangsweise zum Wohnen und regelmäßigen Aufenthalt zugewiesen wurden und an denen eine entgeltliche Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss gleichwohl noch möglich war. 2. Der Beschäftigung in einem Ghetto gleichzustellen sind Beschäftigungen, die Verfolgte ausübten, während sie einem das Verlassen des räumlichen Lebensbereichs nach freiem Belieben nahezu ausschließenden Aufenthaltszwang unterlagen, der deutlich über Verfolgungssituationen hinausging, denen die gesamte, insbesondere jüdische Bevölkerung ausgesetzt war. 3. Trotz seiner Verankerung im Rentenrecht ist das ZRBG materiell-rechtlich als eine dieses überformende Entschädigungsregelung zu betrachten.