LSG Baden-Württemberg - Urteil vom 16.03.2023
L 6 VG 1749/22
Normen:
OEG § 1 Abs. 1 S. 1; OEG § 6 Abs. 3; OEG § 10 S. 2; OEG § 10a Abs. 1 S. 1; BVG § 1 Abs. 3 S. 1; BVG § 9 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1; BVG § 30 Abs. 1 S. 1-2; BVG § 30 Abs. 2 S. 1 und S. 2 Nr. 1-3; BVG § 31 Abs. 1; BVG § 31 Abs. 2; BVG § 60 Abs. 1 S. 1 und S. 3; SGB I § 16 Abs. 1; SGB V § 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; SGB V § 28 Abs. 3; StGB § 176; StGB § 176a; ZPO §§ 383 ff.; KOVVfG § 15 S. 1; VersMedV Teil C Nr. 1-3 und Nr. 12;
Vorinstanzen:
SG Mannheim, vom 06.05.2022 - Vorinstanzaktenzeichen S 2 VG 737/18

Anspruch auf Leistungen nach dem OpferentschädigungsgesetzAnforderungen an die Glaubhaftmachung eines sexuellen Missbrauchs in der Kindheit im Rahmen der Beweiserleichterung des § 15 KOVVfGAuslösen von Erinnerungen während einer PsychotherapieAnforderungen an die klinische Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.03.2023 - Aktenzeichen L 6 VG 1749/22

DRsp Nr. 2023/5412

Anspruch auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines sexuellen Missbrauchs in der Kindheit im Rahmen der Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG Auslösen von Erinnerungen während einer Psychotherapie Anforderungen an die klinische Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung

1. Die kindliche Erinnerung ist auch zwischen dem 5. und 7. Lebensjahr auf wesentliche Ereignisse beschränkt, die aus kindlicher Wahrnehmung verstanden werden (z.B. wegen sexuellen Wissens).2. Eine abgespaltene oder verdrängte Speicherung mit Wiederaufleben von Gedächtnisinhalten ist gedächtnispsychologisch nahezu unmöglich.3. Allein psychische Störungsbilder wie eine Angststörung sind wegen der vielen möglichen Ursachen dafür grundsätzlich nicht geeignet, um mit ausreichender Sicherheit auf einen Missbrauch zu schließen.4. "Flashback"-Erinnerungen müssen nicht zwangsläufig tatsächliche Erlebnisse wiedergeben, können aber dennoch Symptome einer PTBS verursachen.5. Eine aktive Suggestion durch den Psychotherapeuten kann neben Erklärungs- und Deutungsangeboten auch in der fehlenden kritischen Hinterfragung liegen.6. Es bedarf daher einer vertieften Rekonstruktion der Aussageentstehung und Aussageentwicklung.