LAG Rheinland-Pfalz - Urteil vom 14.08.2017
3 Sa 479/16
Normen:
AGG § 15 Abs. 1; AGG § 15 Abs. 2; AGG § 7 Abs. 1;
Vorinstanzen:
ArbG Koblenz, vom 20.10.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ca 1604/16

Anspruch eines schwer behinderten Bewerbers auf Entschädigung wegen Benachteiligung in einem Bewerbungsverfahren

LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.08.2017 - Aktenzeichen 3 Sa 479/16

DRsp Nr. 2018/4689

Anspruch eines schwer behinderten Bewerbers auf Entschädigung wegen Benachteiligung in einem Bewerbungsverfahren

1. Die Verletzung der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, einen schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, begründet regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Denn diese Pflichtverletzung ist grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein. 2. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der schwerbehinderte Bewerber offensichtlich fachlich nicht geeignet war (hier: verneint). 3. Eine Person, die mit ihrer Bewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur die formale Position eines Bewerbers im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen will mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend zu machen, handelt auch nach dem Unionsrecht rechtsmissbräuchlich. 4. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass der Bewerber als Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei nach 12-jähriger selbständiger Tätigkeit sich nicht ernstlich auf eine Sachbearbeitertätigkeit bewerben werde. Dagegen kann insbesondere sprechen, dass die selbständige Tätigkeit bisher keineswegs hinreichend auskömmliche war.

Tenor

1. 2. 3. 4. 5.