BVerwG - Urteil vom 02.02.2023
5 C 8.21
Normen:
VwGO § 125 Abs. 2 S. 3; VwGO § 130a S. 2; VwGO § 138 Nr. 1; GG Art. 101 Abs. 1 S. 2;
Fundstellen:
DVBl 2023, 1150
NVwZ 2023, 1417
Vorinstanzen:
VG Köln, vom 13.12.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 26 K 7470/16
OVG Nordrhein-Westfalen, vom 12.07.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 12 A 395/18

Ermessensfehlerhafter Entscheid des Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung; Wesentliche Änderung der Prozesssituation durch eine entscheidungserhebliche Änderung der Rechtslage

BVerwG, Urteil vom 02.02.2023 - Aktenzeichen 5 C 8.21

DRsp Nr. 2023/7690

Ermessensfehlerhafter Entscheid des Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung; Wesentliche Änderung der Prozesssituation durch eine entscheidungserhebliche Änderung der Rechtslage

1. Eine mündliche Anhörung kann nur dann den Anforderungen des § 130a Satz 2 i. V. m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO genügen, wenn sie vom Gericht aktenkundig gemacht und den Beteiligten zur Kenntnis gebracht worden ist.2. Hat sich die Prozesssituation durch eine entscheidungserhebliche Änderung der Rechtslage wesentlich geändert, ist das Oberverwaltungsgericht verpflichtet, die Beteiligten erneut gemäß § 130a Satz 2 i. V. m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO anzuhören, wenn es daran festhalten will, im Beschlussverfahren nach § 130a Satz 1 VwGO zu entscheiden.3. Hat das Oberverwaltungsgericht nach § 130a Satz 1 VwGO ermessensfehlerhaft ohne mündliche Verhandlung entschieden, verletzt dies nicht nur den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, sondern kann auch gegen das Recht der Beteiligten auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen und damit einen absoluten Revisionsgrund im Sinne des § 138 Nr. 1 VwGO begründen, wenn der Verfahrensverstoß zu einem Besetzungsfehler führt, weil Landesrecht für das Beschlussverfahren eine andere Besetzung des Gerichts vorsieht als für das Urteilsverfahren.

Tenor