OLG Frankfurt/Main - Urteil vom 22.08.2001
23 U 177/00
Normen:
GG Art. 9 Abs. 1; GG Art. 103 Abs. 1; BGB § 25;
Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, vom 03.08.2000 - Vorinstanzaktenzeichen 20 O 449/99

Gerichtliche Überprüfung des Ausschlusses eines Gewerkschaftsfunktionärs wegen Nichtabführung von Aufsichtsratstantiemen

OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 22.08.2001 - Aktenzeichen 23 U 177/00

DRsp Nr. 2017/3229

Gerichtliche Überprüfung des Ausschlusses eines Gewerkschaftsfunktionärs wegen Nichtabführung von Aufsichtsratstantiemen

1. Die Ausschließung eines Gewerkschaftsfunktionärs aus der Gewerkschaft unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung, da es sich bei einer Gewerkschaft um eine Vereinigung mit einer überragenden Machtstellung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich handelt. 2. Bestimmungen in der Satzung einer Gewerkschaft, wonach Aufsichtsratsmitglieder zur (zumindest teilweisen) Abführung auf Aufsichtsratstantiemen verpflichtet sind, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. 3. Der Ausschluss des Funktionärs aus der Gewerkschaft ist unwirksam, wenn dem Betroffenen untersagt wurde, einen anwaltlichen Vertreter hinzu zu ziehen, da es sich um eine Maßnahme von erheblicher persönlicher und wirtschaftlicher Tragweite handelte. 4. Der Ausschluss aus der Gewerkschaft wegen Nichtabführung der Aufsichtsratstantiemen ist ermessenfehlerhaft, da der Gewerkschaft zur Durchsetzung ihres Anliegens auch mildere Mittel wie etwa die gerichtliche Geltendmachung von Zahlungsrückständen oder das Ruhen der Mitgliedschaft für den Verzugszeitraum zu Gebote gestanden hätten.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3.8.2000 wie folgt abgeändert: