BVerfG - Beschluß vom 14.06.1983
2 BvL 11/82
Normen:
1. ArbRBerG Art. 5 Abs. 1 Nr. 7 ; GG Art. 20 Abs. 3 Art. 100 Abs. 1 ; GewO § 124b ;
Fundstellen:
BVerfGE 64, 217
AP Nr. 3 zu § 124b GewO
AuR 1984, 50
DB 1983, 1878
EzA § 124b GewO Nr. 3
GewArch 1983, 329
ZfSH/SGB 1983, 473
Vorinstanzen:
BAG, vom 16.03.1982 - Vorinstanzaktenzeichen 3 AZR 625/80

Gewerbeordnung: § 124b GewO als vorkonstitutionelles Recht

BVerfG, Beschluß vom 14.06.1983 - Aktenzeichen 2 BvL 11/82

DRsp Nr. 1996/6640

Gewerbeordnung: § 124b GewO als vorkonstitutionelles Recht

»§ 124b der Gewerbeordnung ist vorkonstitutionelles Recht.«

Normenkette:

1. ArbRBerG Art. 5 Abs. 1 Nr. 7 ; GG Art. 20 Abs. 3 Art. 100 Abs. 1 ; GewO § 124b ;

Gründe:

A.

Die Vorlage betrifft die Vereinbarkeit des § 124b der Gewerbeordnung (GewO) mit dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes.

I.

1. Die Gewerbeordnung ist in ihrer ursprünglichen Fassung als "Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund" am 1. Juli 1869 verkündet worden. Nach Gründung des Deutschen Reiches hat ihr Geltungsbereich allmählich das ganze Reichsgebiet erfaßt. Im Rahmen des sogenannten Arbeiterschutzgesetzes vom 1. Juni 1891 (RGBl. S. 261) wurde der § 124b eingefügt. Er lautete:

kann der Arbeitgeber als Entschädigung für den Tag des Vertragsbruchs und jeden folgenden Tag der vertragsmäßigen oder gesetzlichen Arbeitszeit, höchstens aber für eine Woche, den Betrag des ortsüblichen Tagelohns (§ 8 des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883, Reichs-Gesetzbl. S. 73) fordern. Diese Forderung ist an den Nachweis eines Schadens nicht gebunden. Durch ihre Geltendmachung wird der Anspruch auf Erfüllung des Vertrags und auf weiteren Schadensersatz ausgeschlossen. Dasselbe Recht steht dem Gesellen oder Gehülfen gegen den Arbeitgeber zu, wenn er von diesem vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses entlassen worden ist.