BVerfG - Beschluß vom 23.10.1997
1 BvR 949/94
Normen:
EinigungsV Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Nr. 1; GG Art. 12. Abs. 1 Art. 33 Abs. 2 ;
Fundstellen:
AP Nr. 103 zu Art. 12 GG
AP Nr. 44 zu Art. 33 Abs. 2 GG
AP Nr. 72 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX
ZBR 1998, 170
Vorinstanzen:
I. KreisG Chemnitz - Urteil vom 16.04.1992 - 7 Ca 5773/91,
LAG Chemnitz, vom 26.01.1993 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Sa 10/92
BAG, vom 17.02.1994 - Vorinstanzaktenzeichen 8 AZR 194/93

Kündigung: ordentliche Kündigung eines in der vormaligen DDR als Schuldirektor und Kreisschulinspektor tätigen Lehrers

BVerfG, Beschluß vom 23.10.1997 - Aktenzeichen 1 BvR 949/94

DRsp Nr. 1998/1062

Kündigung: ordentliche Kündigung eines in der vormaligen DDR als Schuldirektor und Kreisschulinspektor tätigen Lehrers

1. Bei der Auslegung EinigungsV Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Nr. 1 darf die erkennbare Absicht des Einigungsvertrages nicht außer acht gelassen werden, die Mitarbeiter nicht abgewickelter Einrichtungen des öffentlichen Dienstes der Deutschen Demokratischen Republik weitgehend in den öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland einzugliedern und ihre Arbeitsverhältnisse aufrechtzuerhalten, soweit nicht im Einzelfall Eignungsmängel im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG festgestellt werden. Da Beschäftigung und Fortkommen im öffentlichen Dienst der Deutschen Demokratischen Republik regelmäßig von einer gesteigerten Loyalität gegenüber Staat und Partei sowie der Bereitschaft zum Engagement in parteilichen und gesellschaftlichen Organisationen abhingen, können die damit verbundenen Positionen oder Funktionen für sich allein in der Regel eine Kündigung nicht rechtfertigen. Die persönliche Eignung des Mitarbeiters für eine Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik ist vielmehr im Zeitpunkt der Kündigung aufgrund einer Prognose festzustellen, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung seiner gesamten Persönlichkeit voraussetzt.