BVerfG - Beschluß vom 23.10.1997
1 BvR 2089/94
Normen:
EinigungsV Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Nr. 1; GG Art. 12 Art. 33 Abs. 2 ;
Fundstellen:
ZBR 1998, 173
Vorinstanzen:
ArbG Dresden, vom 10.03.1993 - Vorinstanzaktenzeichen 18 Ca 3312/92
LAG Chemnitz, vom 28.02.1994 - Vorinstanzaktenzeichen 7 Sa 11/93
BAG, vom 22.09.1994 - Vorinstanzaktenzeichen 2 AZN 424/94

Kündigung: ordentliche Kündigung wegen der früheren Wahrnehmung von Funktionen in der SED

BVerfG, Beschluß vom 23.10.1997 - Aktenzeichen 1 BvR 2089/94

DRsp Nr. 2004/16388

Kündigung: ordentliche Kündigung wegen der früheren Wahrnehmung von Funktionen in der SED

1. Bei der Auslegung von EinigungsV Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Nr. 1 darf die erkennbare Absicht des Einigungsvertrages nicht außer acht gelassen werden, die Mitarbeiter nicht abgewickelter Einrichtungen des öffentlichen Dienstes der Deutschen Demokratischen Republik weitgehend in den öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland einzugliedern und ihre Arbeitsverhältnisse aufrechtzuerhalten, soweit nicht im Einzelfall Eignungsmängel im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG festgestellt werden. Da Beschäftigung und Fortkommen im öffentlichen Dienst der Deutschen Demokratischen Republik regelmäßig von einer gesteigerten Loyalität gegenüber Staat und Partei sowie der Bereitschaft zum Engagement in parteilichen und gesellschaftlichen Organisationen abhingen, können die damit verbundenen Positionen oder Funktionen für sich allein in der Regel eine Kündigung nicht rechtfertigen. Die persönliche Eignung des Mitarbeiters für eine Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik ist vielmehr im Zeitpunkt der Kündigung aufgrund einer Prognose festzustellen, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung seiner gesamten Persönlichkeit voraussetzt.