BAG - Urteil vom 22.05.2003
2 AZR 426/02
Normen:
KSchG § 1 Abs. 1 ; BGB §§ 138 242 612a ; GG Art. 2, 3, 4 ;
Fundstellen:
NZA 2004, 399
Vorinstanzen:
LAG Köln, vom 29.04.2002 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Sa 1240/01
ArbG Köln, vom 13.07.2001 - Vorinstanzaktenzeichen 5 Ca 3562/01

Kündigungsschutz vor Erfüllung der Wartezeit; enger sachlicher Zusammenhang; Treuwidrigkeit; Ungleichbehandlung wegen herkunftsbedingter kultureller Überzeugungen; Gewissensfreiheit; Maßregelungsverbot

BAG, Urteil vom 22.05.2003 - Aktenzeichen 2 AZR 426/02

DRsp Nr. 2003/10155

"Kündigungsschutz" vor Erfüllung der Wartezeit; enger sachlicher Zusammenhang; Treuwidrigkeit; Ungleichbehandlung wegen herkunftsbedingter kultureller Überzeugungen; Gewissensfreiheit; Maßregelungsverbot

Orientierungssätze: 1. Der Gesetzgeber hat die rechtlichen Voraussetzungen der Wartefrist des § 1 Abs. 1 KSchG an formelle und deshalb einfach festzustellende Gegebenheiten geknüpft. Der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit ist dabei vom Gesetzgeber erkennbar in den Vordergrund gestellt worden. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen leicht erkennen können, ob Kündigungsschutz besteht. Deshalb sind rechtliche Unterbrechungen nur ausnahmsweise und nur bei Vorliegen eines engen sachlichen Zusammenhangs unbeachtlich. 2. Eine Kündigung vor Erfüllung der Wartezeit kann wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unwirksam sein, wenn sie den Arbeitnehmer wegen seiner herkunftsbedingten kulturellen Überzeugungen diskriminiert. 3. Eine verbotene Diskriminierung liegt nicht vor, wenn der Angehörige einer Sinti-Familie eine im Bewerbungsgespräch ausdrücklich zugesagte Tätigkeit (Bestattungen) wenige Wochen später, kurz nach Beginn des Arbeitsverhältnisses mit Rücksicht auf ein tatsächlich bestehendes und ihn bindendes Tabu verweigert.